Chronik

Gilde Giemaul Chronik
Gilde Giemaul Das Giemaul

Das Giemaul und die Fasenacht

Das von 1367 bis 1930 als Stadt selbstständige Heidingsfeld ist heute ein Stadtteil im Süden der unterfränkischen Bezirkshauptstadt Würzburg, es zählt etwa 10.000 Einwohner und rund 50 örtliche Vereine und Institutionen (zusammengeschlossen in der „Bürgerverinigung Heidingsfeld“). Zu seinen überregional bekannten Eigenheiten gehört vor allem auch die Pflege der fränkischen Fastnachtstradition wie Straßenfastnacht, „Kappenabende“ etc. und jüngere Bräuche wie das „Narrenwecken“ am 11.11. und das „Narrenwiegen“ am Rosenmontag.

Historisch überliefert sind etwa die Einladung der „Turngemeinde Heidingsfeld“ zu einem Fasenachtsfest zur „Einweihung der Hedansquelle des Kurplatzes Hedansfeld“ am 16.02.1908, oder der Spitznamen „Die Bimbeli“ für die 1856 von Adolf Kolping selbst gegründete Heidingsfelder Kolpingfamilie, welcher auf eine mit einer „Glocke zum bimmeln“ bestückte Fastnachtszuggruppe des Vereins (ebenfalls im Jahre 1908) zurückgeht.

Als Höhepunkt des Fastnachtstreibens gilt heute der Fasenachtszug am Fastnachtsdienstag (mit stets etwa 20.000 Besuchern) – als Abschluss findet die „Fasenachtsverbrennung“ kurz vor Mitternacht des gleichen Tages statt; beides organisiert von der „IG Zugleitung Heidingsfeld“.

Traditionsträger der Fasenacht sind die sich am Fastnachtszug beteiligenden örtlichen Vereine und freie Gruppen (wie die „Hätzfelder Alti“). Zu den größten Vereinen zählt die „Fasenachtsgilde Giemaul Heidingsfeld e.V.“, die sich ganzjährig stark in das soziale Leben des Stadtteils einbringt (mit „Mühlenfest“, „Giemaulfest“, Oster- und  Adventsmarkt auf dem Vereinsgelände, einer Veranstaltungsbühne bei der lokalen Gewerbeschau „Hätzfeld hat` s“ etc.).

Ursprung der „Fasenachtsgilde Giemaul“ war der im Jahre 1966 im „SV Heidingsfeld“ gegründete Elferrat welcher im Jahre 1967 zu einer eigenständigen Vereinsabteilung des SVH wurde, ein erstes „Prinzenpaar“ berief und eine Prunksitzung veranstaltete. 1968 erfolgte u.a die Aufnahme in den „Fastnacht- Verband Franken“ und die Berufung eines „Giemaulpaares“ (stets „in der Optik“ der Sagenfigur „Giemaul“ gewandet) statt eines „Prinzenpaares“. Schon 1969 wurde die „Giemaulgilde“ zum eigenständigen Verein – und gründete ihr heute legendäres „Männerballett“.

Benannt wurde „die Gilde“ folgerichtig nach der Symbolfigur Heidingsfelds: Dem Giemaul –

nennen ihre Nachbarn die Heidingsfelder doch allgemein oft auch „die Giemäuler“.

Beim „Hätzfelder Giemaul“ (es gibt die Benennung auch andernorts) handelt es sich um eine historisch nicht belegbare Figur aus der Zeit des „Dreißigjährigen Krieges“. Der Legende nach soll damals ein Heidingsfelder heimlich dem 1631 auf Würzburg vorrückenden schwedischen Heer zu nächtlicher Stunde zutritt in die Stadt verschafft  – also Verrat begangen haben, … oder den Ort vor der Vernichtung durch die feindliche Übermacht bewahrt haben (eine Situation die sich in Mainfranken auch 1945 mancherorts ähnlich wiederholte). Nach dem Abzug der Schweden (1634) wurde „das Giemaul“ – laut der örtlichen Legende – bei einer ersten Versammlung der Bürger auf dem Rathausplatz „geoutet“. Ein junges Mädchen das ein Verhältnis mit einem schwedischen Besatzer hatte, kannte und nannte seinen Namen. Der Mann (je nach Variante der Legende ein Ratsherr oder ein „entlaufener Knecht“)  brach sogleich tödlich vom Schlag getroffen zusammen – sein Konterfei wurde daraufhin unter dem Giebel des Rathauses angebracht (tatsächlich wahr-scheinlich1690 als das Rathaus „aufgestockt“ wurde), wo es bis heute hängt!

Das ursprüngliche Giemaulbildnis ging am 16.03.1945 im Bombenhagel unter – die heutige Fassung wurde 1960 vom Heidingsfelder Künstler Ossi Müller geschaffen, welcher später auch einige Jahre die Sessionsorden der „Gilde Giemaul“ entwarf.

Über des legendären Giemauls Intention (Rache, Geldgier, Friedenssehnsucht…) kann und wird bis heute spekuliert, die Heidingsfelder macht es aber doch durchaus sympathisch sich eine so ambivalente Figur zum Symbol erkoren zu haben – die Geschichte von Gemeinden, Gruppen und Einzelpersonen sind eben stets interpretationsfähig und nicht immer eindeutig „schwarz oder weiß“ …. oder wie die „Gilde Giemaul“ heute formuliert: „Wir sind bunt“ ( … und das nicht nur auf der „Bunten Sitzung“).

Stefan Rettner

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